Die Rosenheim-Cops

„Rosenheim-Cops“-Schauspieler :Max Müller: „Ich wäre für die Polizei vollkommen ungeeignet“

"Die Rosenheim-Cops - Bestohlene Diebe": Polizeihauptmeister Mohr (Max Müller) lehnt an seinem Dienstwagen und telefoniert. Im Hintergrund sind diverse Personen und Fahrräder zu sehen.

Seit mehr als 20 Jahren verkörpert er Michi Mohr bei den „Rosenheim-Cops“. Was der Schauspieler Max Müller mit seiner Figur gemeinsam hat und warum er auch gerne Mörder spielt, erzählt er im Interview.

Er ist wohl der freundlichste Polizist im deutschen Fernsehen: Michi Mohr in der ZDF-Serie „Die Rosenheim-Cops“. Verkörpert wird er von Max Müller – und zwar seit fast 560 Folgen oder anders ausgedrückt: seit mehr als 20 Jahren. Genauso lange residiert der österreichische Schauspieler während der Dreharbeiten zur Serie im selben Münchner Hotel. Warum? „Elegante Gemütlichkeit und keine Klimaanlage“, erklärt der 59-Jährige am Telefon.

Herr Müller, seit 22 Jahren treten Sie im deutschen Fernsehen als Polizeihauptmeister Michi Mohr in den „Rosenheim-Cops“ auf. Haben Sie vor Ihrer Schauspielerkarriere mal damit geliebäugelt, wirklich bei der Polizei zu arbeiten?

Um Gottes willen – nein! Ich wäre für die Polizei vollkommen ungeeignet. Ich bin viel zu emotional. Mir würden sogar die Verbrecher leidtun.

Kamen Sie im wahren Leben schon mal mit der Polizei unangenehm in Berührung?

Noch nie. Aber ich habe eine besondere Kindheitserinnerung an die Polizei. Ich bin doch in Klagenfurt aufgewachsen und meine Eltern waren mit vielen Mitgliedern des dortigen Polizeichores befreundet. Nun wird in Kärnten ja traditionell viel gesungen. Es gibt sogar den hübschen Spruch: „Zwa Kärntner – a Gsangsverein.“ Und jahrelang hat eben dieser „Polizeichor Klagenfurt“ jeden Montag bei uns zu Hause geprobt. Das war sozusagen „gelebte Hausmusik in Uniform“. Und ich hab natürlich auch mitgesungen. Das war mein Einstand bei der Polizei.

Wurde Ihnen die Schauspielerei vom Elternhaus mitgegeben?

Indirekt. Meine Eltern waren beide Kaufleute und vom Wesen her durchaus vertraut mit einer gewissen Theatralik. Sie wussten schon um die Geheimnisse der Selbstdarstellung (lacht). Meine Mutter singt noch immer wunderschön. Mein Vater hatte einen Süßwarengroßhandel und ist nebenher als Conférencier bei „bunten Abenden“ aufgetreten. Meinen ersten Auftritt hatte ich, als ich drei Jahre alt war. Da hat mich der Papa mitgenommen  – der hieß auch Max Müller – zu einer Muttertagsfeier. Wir wurden als „der große und der kleine Maxi“ angekündigt. Der kleine Maxi hat zweieinhalb Streiche Max und Moritz auswendig aufgesagt. Ohne jede Angst. Und da war klar: Das Kind will auf die Bühne.

Was zog Sie an der Schauspielerei so an?

Als Kind hatte ich viele Märchenplatten. Am liebsten hörte ich „Der Wolf und die sieben Geißlein“. Dort fand ich es faszinierend, wie der Wolf ein und dieselbe Rolle unterschiedlich – mal böse, mal schmeichelnd – sprechen konnte. Ich hatte auch ein Kasperletheater, habe mir aber nie vorspielen lassen, sondern immer darauf bestanden, dass ich selber spiele. Alle mussten mir zuschauen!

Ihre Filmkarriere begann nicht als Polizist, sondern auf der anderen Seite des Gesetzes. In der österreichischen Filmproduktion „Fleischwolf“ aus dem Jahr 1990 spielten Sie einen Häftling in einem Jugendgefängnis …

Der Film handelt von Jugendlichen im damals regulären österreichischen Strafvollzug. Ich habe einen jungen Mann mit Selbstverstümmelungstendenzen gespielt. Er hat zum Beispiel Gläser kaputt gemacht, um sich damit zu schneiden. Ziemlich hart. Aber der Film war trotzdem recht erfolgreich. Später habe ich noch öfter Menschen in Grenzsituationen gespielt. Oder auch einige Nazis. Also schon ein anderes Rollenfach als der Michi Mohr.

Aber auch sonst geben Sie nicht nur den aufrechten Polizisten, sondern tauchen in Krimis wie „Die Toten von Salzburg“ auch als Mörder auf. Was mögen Sie als Schauspieler lieber: das Böse oder das Gute?

Ich liebe gute Rollen – egal, ob die gut oder böse sind. Schön ist es, wenn in der Traurigkeit auch heitere Momente vorkommen. Oder im größten Klamauk stille Momente. Wo man sagen kann: Es geht um den Menschen als Ganzes.

Welche Eigenschaften von Max Müller stecken in Michi Mohr?

Ich halte mich für einen freundlichen, vielleicht sogar herzlichen Menschen. Da bin ich dem Michi durchaus ähnlich. Und – wir sind beide manchmal ein bissl konfus und vergaloppieren uns ins Irgendwohin. Auch ich mag Höflichkeiten wie: „Guten Tag“, „Auf Wiedersehen“, „Bitte“, „Danke“. Diese Höflichkeiten des normalen, respektvollen Umgangs miteinander. Und was Michi Mohr und ich außerdem gemeinsam haben, ist, dass wir beide vielleicht ein bisschen unterschätzt werden.

Wie das?

Naja, zum Beispiel, ein Satz, der sich bis heute durch alle meine 38 Berufsjahre zieht, ist: „Das hätte ich dir nicht zugetraut“. Egal, ob es ums Singen, Komischsein oder Schauspielern überhaupt ging – immer wieder fiel dieser Satz. Nach jeder Rolle, in der ich nicht so war, wie man das privat von mir gewohnt ist, hieß es von manchen Leuten: „Du kannst ja richtig komisch sein.“ Oder: „Du kannst ja richtig brutal sein.“ Oder: „Du kannst ja richtig leidenschaftlich sein.“ Und dazu fiel immer wieder der Satz: „Das hätte ich dir nie zugetraut!“

Max Müller

„Ich wäre für die Polizei vollkommen ungeeignet. Ich bin viel zu emotional”, sagt Max Müller über sich selbst.

Linda Gschwentner

Das hat Sie geärgert …

Und wie. Aber im Laufe der Zeit habe ich mir gedacht: „Nimm doch diese Unterschätzung nicht als Frechheit, sondern als Kompliment“. Schließlich ist es doch kein Zufall, dass ich mich für diesen Beruf entschieden habe. Schauspielerei ist kein Gesichtsverleih, sondern Begabung und Handwerk. Das eine ist ein Geschenk, und das andere durfte ich erlernen! Und dieser Satz „Das hätte ich dir nie zugetraut!“ war von Stunde an  – Geschichte!

Sie sind ja bei den „Rosenheim-Cops“ sozusagen der Laufbursche der Kommissare. Haben Sie nicht den Drang, bei der Filmproduktion auf den Tisch zu hauen und zu sagen: „Jetzt lasst’s mich endlich mal den Kommissar spielen?“

Ich glaube, als Michi Mohr bin ich bei den Cops ganz gut aufgehoben. Ich spiele ja einen Laufburschen, der an der Lösung der Fälle durchaus beteiligt ist. Und wenn ich meine Rolle theatermäßig definieren würde, bin ich hier der „Buffo mit Herz“. Das hat mehr Möglichkeiten, als man denkt …

Stimmt es, dass Sie beim Casting der „Rosenheim-Cops“ ursprünglich für eine Rolle als Kommissar vorgesprochen haben?

Ja. Ich hatte im Januar 2000 nach sieben Jahren im „Theater in der Josefstadt“ in Wien gekündigt. Da war ich gerade 35 und hatte das Gefühl, es ist jetzt Zeit für was anderes. Ich streckte dann meine beruflichen Fühler in Richtung Deutschland aus. Vier Monate nach meinem Abschied wurde ich zum Casting für die „Rosenheim-Cops“ eingeladen. Von „Bayerisch“ hatte ich damals so gut wie keine Ahnung. Auf der Fahrt mit dem Auto nach München habe ich mir deshalb ganz viele bayerische Volksschauspieler und Kabarettisten auf CD angehört und beim Casting tat ich halt so bayerisch, wie ich nur konnte. Ich rechnete mir aber null Chancen aus. 14 Tage später bekam ich einen Anruf von der Produktionsfirma: Mit dem Kommissar sei es nichts geworden. Aber es „gabert an depperten Polizisten“. Ob ich den spielen will? Ich habe sofort zugesagt.

Haben Sie die Rolle nach mehr als 20 Jahren nicht satt?

Nein. In so vielen Jahren verändert man sich. Und die Rolle verändert sich mit – das ist spannend!

Fragen Sie sich manchmal, ob Sie sich mit der Rolle vielleicht zu sehr festgelegt haben?

Ja. Das hab ich sicher. Aber es macht mir nix aus. Und außerdem gibt’s ja künstlerisch nicht nur „Michi Mohr“ in meinem Leben.

Sie sind nicht nur Schauspieler, sondern auch ausgebildeter Opernsänger – mit der Stimmlage Bariton. Wann dürfen Sie Ihr anderes Talent bei den „Rosenheim-Cops“ vorstellen?

Ich habe dreimal gefragt. Ob es nicht möglich sei, dass Michi Mohr bei einer Hochzeit „Ave Maria“ singt? Oder in einem Polizeichor ein Solo? „Ihr braucht keine Angst haben, dass jetzt der ,fliegende Holländer’ ausbricht“, habe ich versichert. Trotzdem: Unsere Macher waren da nicht so dafür. Und schließlich war ich einfach zu stolz, nochmal nachzufragen. Macht nichts! Ich gebe im Jahr ungefähr 20 bis 30 Liederabende, habe einen eigenen Zyklus im „Wiener Musikverein“ und trete regelmäßig mit den Münchner Symphonikern auf. Es gibt genug Musik in meinem Leben.

In jeder Folge kommt am Anfang der Satz: „Es gabert a Leich“. Welche fanden Sie am eindrucksvollsten?

Eine gleich im ersten Jahr. Es muss der sechste oder siebte Fall gewesen sein, da wurde eine Leiche in einem Biersudkessel sozusagen gar gekocht. Das fand ich arg. So grauslich sind wir heute nimmer. Unsere Leichen werden meistens mit stumpfen Gegenständen zu Tode gekitzelt.

Am 1. Oktober ist die 24. Staffel der „Rosenheim-Cops“ mit der 555. Folge gestartet. In der schnelllebigen Fernsehlandschaft ist die Serie eine Ausnahmeerscheinung. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg?

Ich glaube, erstmal liegt es an der wunderschönen oberbayerischen Landschaft. Die ist eine Art Hauptdarsteller. Dann die Tatsache, dass wenig Blut fließt. Der Mord ist „wurscht“! Vielmehr geht es um zwischenmenschliche Dinge. Und ganz wichtig ist, dass wir Schauspieler so spielen dürfen, wie wir es für richtig halten. Und zeigen können, was unsere Stärken sind. Die Serie „Rosenheim-Cops“ ist eine liebevolle Persiflage auf Krimis. Für unser Publikum eine nette Art, den Stress tagsüber ein bisschen zu vergessen.

Ist ein Ende der Serie abzusehen?

Wir erfahren meistens erst im Januar, ob wir im März wieder drehen dürfen.

Sie arbeiten ja als Schauspieler sowohl in Österreich als auch in Deutschland. Können Sie uns sagen, was die Deutschen von den Österreichern und umgekehrt die Österreicher von den Deutschen lernen können?

Ich glaube, die Österreicher können von den Deutschen Direktheit lernen. Bei euch weiß man sofort, woran man ist. Was bei den Österreichern nicht unbedingt immer der Fall ist … Dagegen können die Deutschen von den Österreichern vielleicht lernen, Zwischentöne zu hören. Man muss nicht alles sofort auf den Punkt bringen. Es ist nicht immer alles schwarz oder weiß, sondern manchmal auch himmelblau oder zitronengelb.

Wenn Sie drei Wünsche bei den „Rosenheim-Cops“ frei hätten – was sollten Ihnen die Drehbuchautoren Neues in Ihre Rolle reinschreiben?

Michi Mohr könnte sich wieder mal glücklich verlieben. Und dann bei seiner eigenen Hochzeit singen (lacht).

Ihr dritter Wunsch?

Ich hätte gern meine alte Uniform wieder. Ich trage jetzt wie alle Security-Leute, Schaffner und Polizisten eine dunkelblaue Uniform. Meine alte, senffarbene, mit den Schlaghosen aus den 70er-Jahren, mit der Lederjacke hat mir viel besser gefallen. Sie hat sehr viel vom Menschen Michi Mohr erzählt.

Und was?

Naja, zum Beispiel von seiner Freude am Altmodischsein.

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