Sie will gern Opern inszenieren, mit den Enkelkindern spielen oder mehrere Wochen am Stück Urlaub machen: Langweilig wird Schauspielerin Dagmar Manzel (65) nach ihrem Ausstieg aus dem „Tatort“ offenbar nicht. Zehn Jahre lang spielte sie die Ermittlerin Paula Ringelhahn aus Franken, ein letztes Mal ist sie nun am Sonntag, 6. Oktober, im Fall „Trotzdem“ zu sehen. Darin löst der Suizid eines 25‑jährigen Häftlings in Nürnberg eine Serie tödlicher Ereignisse aus. Danach, im elften „Tatort“ aus Franken, der 2025 ausgestrahlt wird, wird Ringelhahns Kollege Felix Voss (Fabian Hinrichs) erst mal allein ermitteln. Wer anschließend in das Team des „Tatort“ Franken kommt, wird „zu gegebener Zeit“ bekannt gegeben, heißt es vom Bayerischen Rundfunk.
Frau Manzel, der letzte „Tatort“ mit Ihnen wird jetzt gezeigt. Ohne zu viel zu verraten, wie finden Sie den Abschied für Ihre Figur?
Der Abschied von Paula Ringelhahn aus dem „Tatort“ ist so, wie ich ihn mir gewünscht hatte. Max Färberböck, der Regie geführt und auch das erste Buch und die Figuren entwickelt hat, hat mir dieses große Geschenk gemacht und es so geschrieben, wie ich es mir gewünscht hatte.
Sie hatten also viel Mitspracherecht?
Ja, das war das Außergewöhnliche an diesem „Tatort“-Format, dass wir immer rechtzeitig die Bücher bekommen haben, über die Regisseure reden und Kollegen vorschlagen konnten. Wir haben unsere Einwände oder Vorschläge eingebracht. Das war besonders.
Der letzte Fall wurde bereits vor einem Jahr abgedreht, fühlt sich Ihr Leben seitdem stiller an – oder womit haben Sie die „Tatort“-Lücke gefüllt?
Da ist keine Lücke (lacht). Ich habe mich beim „Tatort“ sauwohl gefühlt, aber es gibt einfach zu viel anderes, was mich in Anspruch nimmt. Ich habe den „Tatort“ logistisch nicht mehr geschafft. Ich brauche zwischendurch Urlaub und den hatte ich seit Jahren nicht mehr richtig. Ich musste mich schweren Herzens verabschieden, weil ich einfach viel und gern an der Komischen Oper Berlin spiele, Konzerte habe und andere Filme drehe, die ich gerade für wichtiger halte. Ich habe einen Punkt erreicht, an dem ich mir sage: Ich brauche Pausen, ich muss innehalten. Und ich werde ja auch nicht jünger.
Ein letztes Mal ermitteln im „Tatort: Trotzdem“ Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs) zusammen.
Quelle: BR/hager moss film GmbH/Bernd Sc
Hatten Sie das Gefühl, auch wegen Ihres Alters als „Tatort“-Kommissarin aufhören zu müssen?
Ich weiß es nicht. Es gibt tolle uralte „Tatort“-Kommissare, und es gibt fantastische junge. Aber wenn man jetzt nur noch junge, knackige Kommissarinnen mit engen Pullovern und einer Knarre am Popo hat, ist das ziemlich unglaubwürdig. Das ist im echten Polizeialltag auch nicht so. Zehn Jahre und zehn „Tatorte“ sind eine super Zeit zum Aufhören für mich.
Wie emotional wurde es denn am Set, als die letzte Klappe gefallen war?
Beim Abschied sind schon ein paar Tränchen geflossen. Aber ich konnte mich mehrmals verabschieden und die Chance, Abschied zu nehmen, ist für mich das Wichtigste in so einer Arbeit und grundsätzlich im Leben. Wenn man nicht Abschied nehmen kann, kann es sehr bitter werden.
Was nehmen Sie von Kommissarin Paula Ringelhahn mit?
Wenn man seine Arbeit ernst nimmt, und das tue ich, dann ist jedes Projekt eine Bereicherung. Jeder Film verändert einen. So hat mich Paula Ringelhahn sicherlich auch in manchen Sachen verändert und in meiner weiteren Arbeit. Und ich nehme Franken und die Franken mit. Ich hatte wirklich eine tolle Zeit an den verschiedenen Orten und mit den Leuten und Biersorten.
Nach zehn Jahren in der Rolle: Wie oft werden Sie auf der Straße als Paula angesprochen?
Fast nie, die Franken waren immer eher zurückhaltend. Beim letzten „Tatort“-Dreh, als mein Ausstieg durch die Presse ging, haben die Franken mich aber dauernd angesprochen und gesagt, dass ich nicht aufhören soll. Das war sehr bewegend und schön. Ansonsten werde ich verhältnismäßig verschont. Ich sehe schon manchmal, wenn mich jemand erkennt, aber die gucken dann meist dezent weg, und ich finde das angenehm. Oder ich gucke sehr streng und dann trauen sie sich nicht (lacht).
Eine Nachfolgerin für Sie wurde noch nicht bekannt gegeben. Haben Sie einen Wunsch?
Nein, ich denke, dass Fabian Hinrichs erst mal allein ermittelt.
„Der liebe Gott hat den ganzen Dreck erfunden, damit wir das, was schön ist, schätzen“, sagt Paula in dem letzten Fall. Was wissen Sie erst richtig zu schätzen dadurch, dass es auch Schattenseiten gibt?
Ich hatte schon mal eine schwere Krankheit, die ich überstanden habe, und dadurch habe ich das Lebensprinzip „Glaube, Liebe, Hoffnung“ gelernt. Ich freue mich, alt zu werden und dass ich jeden Morgen aufstehen und schauen, leben, riechen, hören kann.
Haben Sie vor, irgendwann richtig in Rente zu gehen, ganz ohne Arbeit?
Nein, das wird bei mir nicht passieren. Ich werde immer mal eine Lesung geben, ein Konzert, eine kleine Regiearbeit oder mir einfach Dinge anschauen, herumfahren, eine Reise machen. Dass ich jeden Abend zu Hause vor dem Fernseher sitze, wird nicht vorkommen.
Werden Sie trotzdem manchmal vor dem Fernseher sitzen und „Tatort“ schauen?
Ich werde manchmal sicherlich „Tatort“ gucken, aber ich gucke generell nicht viel Fernsehen, weil ich sehr viel unterwegs bin. Und wenn ich freihabe, treffe ich mich mit meiner Familie oder Freunden. Fernsehen ist absolut zweitrangig für mich, außer wenn Fußball läuft und ich nicht im Stadion bin. Dann gucke ich Fußball.